Unser Leitbild

XENION ist ein Behandlungszentrum für Menschen, die Folter, willkürliche Gewalt oder eine extreme und systematische Verletzungen ihrer fundamentalen Menschenrechte erfahren haben. Wir verstehen uns deshalb als ein Ort, an dem wir Geflüchteten, die Schutz bei uns suchen, dabei helfen, die Folgen ihrer traumatischen Erlebnisse in ihren verschiedenen Formen zu überwinden. Dies betrifft Menschen aller Altersklassen – Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Wir fühlen uns in erster Linie dem Schutz der Menschenrechte verpflichtet, insbesondere dem Recht auf Leben, körperliche Unversehrtheit und Gesundheit. Unsere Arbeit sehen wir als einen Beitrag, mit dem wir der Verantwortung unserer Gesellschaft für die Überlebenden von schweren Menschenrechtsverletzungen gerecht werden.

Wir orientieren uns an dem umfassenden Gesundheitsbegriff der Weltgesundheitsorganisation (WHO, New York, 1946). Gesundheit bedeutet für uns mehr als die bloße Abwesenheit von Krankheit oder Gebrechlichkeit. Im Einklang mit unserem ganzheitlichen Ansatz nehmen wir auch das seelische und soziale Wohlbefinden in den Blick. In der konkreten Arbeit mit unseren Klient*innen bedeutet das: Wir unterstützen sie insbesondere bei der Überwindung traumatischer Erlebnisse, stärken ihre persönlichen Ressourcen und Kompetenzen, schaffen menschenwürdige Lebensumstände und helfen ihnen beim Aufbau sozialer Netzwerke. Auf Grundlage dieses Verständnisses haben wir uns sowohl die psychosoziale als auch die psychotherapeutische Behandlung und Betreuung von Menschen zur Aufgabe gemacht, die organisierte Gewalt überlebt haben.

XENION setzt sich ein für die weltweite Ächtung und Abschaffung von Folter ein. Außerdem engagiert sich XENION für die politische Umsetzung internationaler Konventionen, die die Rechte von Geflüchteten stärken und Folter verurteilen. Wir informieren die Öffentlichkeit über Fluchtursachen und die Lebensrealität von Geflüchteten in Deutschland.

Unsere Vision ist eine Welt ohne Folter, Gewalt und Krieg – eine Welt ohne schwere Menschenrechtsverletzungen. Solange Frieden, Gerechtigkeit und eine solidarische Weltordnung nicht weltweit gelebt werden, müssen Menschen, die vor Krieg, Folter und anderen Menschenrechtsverletzungen nach Deutschland fliehen, hier Schutz und Sicherheit finden können.

 

Unser fachlicher Ansatz

  1. Unsere Erfahrung zeigt, dass psychische Störungen als Folge von willkürlicher Gewalt nur dann richtig verstanden und stabilisiert oder geheilt werden können, wenn man sie als ein komplexes Zusammenspiel zwischen Individuum, Ereignis und weiteren Faktoren aus dem sozialen Umfeld begreift. Wie effizient therapeutische und beratende Angebote sind, hängt deshalb maßgeblich davon ab, ob sie die Lebenssituation der Klient*innen adäquat erfassen und in die Arbeit mit einbeziehen, um ihre Gesundheit und Lebensqualität zu verbessern.
  2. Im Rahmen unserer Arbeit gehen wir daher sowohl auf den sozialen, kulturellen und politischen Kontext ein, in dem das kritische Lebensereignis stattfand, als auch auf der Kontext der Traumabehandlung im Exil. Klassische individuelle Beziehungen zwischen Therapeut*in und Klient*in im klinischen Setting der Traumaverarbeitung werden durch Interventionen im sozialen Umfeld (soziales Netz, Familie, Community) ergänzt.
  3. Wir versuchen Empowerment zu fördern, d. h. direkte Einflussmöglichkeiten in der eigenen Lebenswirklichkeit zu erkennen und aktiv zu nutzen.
  4. Wir leisten individuelle und ganzheitliche Unterstützung. Wir betreuen, versorgen und begleiten durch professionelle und qualifizierte therapeutische Arbeit. Wir beraten und unterstützen bei aufenthalts- und sozialrechtlichen Fragen und bei behördlichen Hürden.
  5. Wir organisieren soziale Begleitung zur Integration von Geflüchteten in unsere Gesellschaft mit ehrenamtlicher Unterstützung durch unser Mentor*innen-Netzwerk (Parcours Plus, Mentorenprogramm) und von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen durch die Vermittlung von Vormundschaften (AKINDA).
  6. Wir übernehmen Vereinsvormundschaften für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge und vertreten die Interessen der Jugendlichen.
  7. Wir gehen in Flüchtlingsunterkünfte und bieten direkt vor Ort soziale Beratung und Therapien an.
  8. Wir beteiligen uns aktiv am fachlichen Diskurs zur Behandlung von traumatisierten Geflüchteten in Deutschland und Europa und stellen unsere Expertise im rechtlichen Dialog zur Verfügung. Wir sind fachkompetenter Ansprechpartner*innen für therapeutische Fachkräfte und Verbände, und für Personen, Institutionen und Behörden und andere Nichtregierungsorganisationen, die sich mit asyl- und ausländerrechtlichen Fragen befassen.
  9. Wir engagieren uns für die Belange von besonders schutzbedürftigen Geflüchteten in Deutschland, insbesondere von Folteropfern. Wir sensibilisieren und klären über deren Situation auf. Dabei setzen wir vor allem auf persönliche Begegnungen und den Einfluss auf private, fachliche und behördliche Multiplikator*innen. Wir führen kontinuierlich Schulungen, Fortbildungen und Informationsveranstaltungen durch, mit denen wir Interessierte und ehrenamtlich Engagierte sowie Fachkräfte und Multiplikator*innen erreichen.
  10. Wir sichern die Qualität unserer Arbeit durch interne Evaluierungen, kontinuierliche Supervision und ein Qualitätsmanagement-System. Wir sorgen für das Wohlergehen unserer hauptamtlichen, ehrenamtlichen und freiberuflich tätigen Mitarbeiter*innen.
  11. Um unsere Aktivitäten zu sichern, sorgen wir für eine stabile, ausreichende und perspektivisch sichere Finanzierung unserer Arbeit. Neben der Beantragung von öffentlichen Förderungen und Stiftungsgeldern weiten wir unsere private Unterstützungsstruktur durch Mitgliedschaften, Spendengelder und ehrenamtliches Engagement stetig aus.

 

Leitwerte unserer Arbeit

  1. Wir sehen unsere Arbeit als einen Beitrag zur umfassenden Verantwortung unserer Gesellschaft für die Überlebenden von Folter, willkürlicher Gewalt und schweren Menschenrechtsverletzungen, die in Deutschland Schutz suchen.
  2. Wir stehen verlässlich an der Seite von Menschen, die Opfer von schweren Menschenrechtsverbrechen geworden sind. Folter sowie politische, religiöse, ethnische oder geschlechtsspezifische Diskriminierungen sind Formen von Gewalt und werden von uns dokumentiert und verurteilt.
  3. Unsere Arbeit mit betroffenen Flüchtlingen basiert auf der menschlichen Wertschätzung der jeweiligen Person. Wir nehmen die persönlichen Erfahrungen unserer Klient*innen wahr und reagieren empathisch auf ihre Bedürfnisse. Wir wollen sie in ihrem umfassenden, oftmals langwierigen Heilungsprozess unterstützen. Menschen, die Opfer von Folter oder Gewalt geworden sind, sind gleichzeitig Menschen mit vielfältigen Ressourcen. Wir wollen ihnen helfen, diese Ressourcen wieder herzustellen.
  4. Wir sind offen für alle Menschen, die sich an uns wenden. Wir erwarten gegenseitiges Vertrauen, Respekt und Wertschätzung, und die Achtung der Menschenrechte im umfassenden Sinne. Wir fördern die Eigenverantwortlichkeit unserer Klient*innen.
  5. In unserer fachlichen Arbeit sind wir ausschließlich professionellen Standards verpflichtet. Wir sind gegen jede Form von Ausgrenzung und Diskriminierung von Geflüchteten in unserer Gesellschaft. Wir arbeiten an der Seite der Betroffenen für die Durchsetzung ihres Rechts auf Teilhabe am sozialen, politischen und wirtschaftlichen Leben.
  6. Wir verstehen uns als lernende Organisation. Sachliche Kritik von außen und die Fähigkeit zu selbstkritischer Reflexion sind wichtige Bausteine, mit denen wir unsere Arbeit weiterentwickeln. Das Team steht in der Verantwortung für alle Mitarbeitenden, und alle Mitarbeitenden stehen in der Verantwortung für das Gelingen unserer Aufgabe.  Unterschiedliche Kompetenzen und menschliche Fähigkeiten im Team bereichern unsere Arbeit.
  7. Alle Menschen, mit denen wir intern und extern zusammenarbeiten, können von uns Wertschätzung, Respekt und Transparenz sowie ein verantwortungsvolles Management und eine verantwortungsvolle Verwaltung erwarten: unsere Klient*innen, aber insbesondere unsere ehrenamtlich Engagierten und unsere Spender*innen, Mitglieder und die Stiftungen und öffentlichen Institutionen, die unsere Arbeit finanziell absichern.