Derzeit demonstrieren hunderttausende Menschen in ganz Deutschland gegen rechte Ideologien, Ausgrenzung und eine sogenannte „Re-Migration“ und fordern lautstark Demokratie, Menschenwürde und Vielfalt ein. Gleichwohl beschließen Bund und Länder die tiefgreifendsten Gesetzesverschärfungen in der Asyl- und Migrationspolitik seit 10 Jahren, die schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen zur Folge haben. Ein großer Personenkreis, der besonders stark betroffen ist und bisher völlig außer Acht gelassen wurde: Geflüchtete und Migrant*innen mit Behinderungen. Die Aberkennung ihres notwendigen Bedarfs an Sozialleistungen, der für die Schaffung einer gleichberechtigten Grundlage unerlässlich ist, verletzt ihre körperliche Unversehrtheit und Demokratiefähigkeit. Besonders dramatisch ist die auffallend hohe Zahl von geflüchteten Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen, die nun für 3 Jahre einer eklatanten Unterversorgung ausgesetzt sind, mit der akuten Gefahr, schwerwiegende gesundheitliche Folgeschäden zu erleiden.

Ein breites Bündnis von Selbstvertretungsorganisationen von behinderten Menschen (DPOs) und Migrant*innen (MSOs), Menschenrechtsorganisationen, Wohlfahrtsverbänden, Leistungserbringern, Berufsverbänden, ärztlichen und psychotherapeutischen, juristischen und wissenschaftlichen Akteuren und weiteren sozialen und solidarischen Verbänden und Einzelpersonen tritt für Menschlichkeit, Sicherheit, Gesundheit, und Selbstbestimmung ein. Wir fordern die Achtung und den Schutz der unveräußerlichen und unantastbaren Menschenwürde – die oberste Verpflichtung aller staatlichen Gewalt – unabhängig vom Herkunftsland (Art. 1 GG). Das verfassungsrechtlich garantierte Gleichheitsgebot „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“ (Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG) ist kein „Deutschenrecht“, sondern ein Menschenrecht, das für alle uneingeschränkt gilt. Die menschenrechtlichen Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention müssen endlich Eingang in die Asyl- und Migrationspolitik finden!

Gemeinsam können wir etwas bewirken!

Gemeinsam können wir als breites Bündnis von Organisationen – insbesondere im Bereich Behinderung und Flucht/Migration – unsere Forderungen bei der entscheidenden Integrationsministerkonferenz am 20. bis 21. März 2024 vorlegen und Einfluss ausüben. Gleichzeitig wollen wir als vielfältige Bündnispartner*innen ein wichtiges langfristiges Signal für die unsichtbare und vergessene Gruppe von Geflüchteten/Migrant*innen mit Behinderungen setzen. Es ist die erste Initiative dieser Art, die aus der Selbstvertretung und „Grassroots-Ebene“ entstanden ist. Die besonders prekäre Lage von geflüchteten Kindern, Erwachsenen und Älteren mit Behinderungen, einschließlich chronischen Erkrankungen und psychischen Beeinträchtigungen muss jetzt sichtbar gemacht werden! Schweigen ist keine Option mehr!

Unsere Forderungen

  • Behinderte Menschen und ihre Angehörigen haben einen Rechtsanspruch auf Einbürgerung und dürfen nicht nur auf eine freiwillige, auf staatlichem Wohlwollen beruhende Härtefallregelung angewiesen sein. Die Ausnahmeregelung, dass behinderte Menschen die Inanspruchnahme von Sozialleistungen nicht zu vertreten haben, ist wieder einzuführen.
  • Asylsuchende und geduldete Kinder und Jugendliche (mit Behinderungen) sind – so wie es im Koalitionsvertrag beschlossen wurde – im Regelsystem Sozialgesetzbuch (SGB) zu versorgen.
  • Für Beziehende von Grundleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz ist eine bundesweite ausdrückliche Ausnahmeklausel oder ein gesetzlicher Anspruch auf behinderungsspezifische Sozial-, Gesundheits- und Teilhabeleistungen auf SGB-Niveau zu verabschieden, bis ein Regelzugang zum SGB für alle Menschen von Anfang an ermöglicht wird.
  • Die symbolpolitische Einführung einer bundesweiten Bezahlkarte zur Abschaffung von Überweisungs- und Bargeldmöglichkeiten für Asylsuchende und Geduldete ist zu verhindern.
  • Für Unterstützungsstrukturen im Bereich Flucht und Migration sind zusätzliche Fördermittel auf Bund- und Länderebene bereitzustellen, damit sie ihre elementare Arbeit fortführen können.

Anlässlich der katastrophalen Gesetzesverschärfungen für Geflüchtete und Migrant*innen mit Behinderungen brauchen wir dringend Eure Solidarität! Bitte unterzeichnet und verbreitet den bundesweiten Brandbrief „Gegen rechte Ideologien und für gleiche Menschenwürde – Verbände fordern Schutz vor Diskriminierung für behinderte Menschen in der Migrationspolitik“ bis zum 05.04.2024 mit einer E-Mail an bns@bzsl.de.

Da unsere Forderungen ein komplexes Zusammenwirken auf Bund- und Länderebene beinhalten, ist eine Unterzeichnung auf jeder Ebene ein wertvoller Beitrag! Der 05.04.2024 ist die Frist, für die eine schriftliche Stellungnahme angefordert wurde.

Hier findet ihr den vollständigen Brandbrief  und die Liste der Unterzeichner:innen.