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Pressemitteilung von XENION – Psychosoziale Hilfen für politisch Verfolgte e.V.,Flüchtlingsrat Berlin und Bundesweite Arbeitsgemeinschaft der psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer (BAfF)
Kein sicheres Land für Asylsuchende:
Menschenrechtsverletzungen mit Todesfolge in Haftanstalt für Geflüchtete in Polen
Berlin, 10.05.2023 – Nach dem Tod des 28-jährigen syrischen Asylbewerbers Mahmoud Al Banawi (28) in einem polnischen Haftzentrum fordern Menschenrechtsorganisationen von der Bundesregierung in einem offenen Brief an Nancy Faeser die sofortige Aussetzung aller Abschiebungen nach Polen und verurteilen die Menschenrechtsverletzungen in polnischen Flüchtlingslagern und im Grenzgebiet zu Belarus.
Mitarbeiter:innen des Berliner psychosozialen Zentrums XENION haben im Fall von Mahmoud Al Banawi, der seit dem 17. März 2023 vermisst wurde, gravierende Missstände in einer polnischen Haftanstalt aufgedeckt. Zu diesem Zeitpunkt befand sich Mahmoud Al Banawi im Haftlager in Przemyṡl, in dem Asylsuchende systematisch festgehalten werden. Mitinhaftierte berichteten, dass Al Banawi zuvor mehrere Tage lang trotz starker Bauchschmerzen und Erbrechen nicht ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Am 17.3. sei schließlich, nachdem sein Zustand kritisch wurde, ein Krankenwagen bestellt worden. Nach intensiven Nachforschungen kam die schreckliche Wahrheit ans Licht, dass Mahmoud A. an diesem Tag in der Haftanstalt verstorben ist. Als die Familie mehr als drei Wochen nach seinem Tod informiert wurde, war der Leichnam bereits vom Grenzschutz zu medizinischen und wissenschaftlichen Zwecken freigegeben worden. Der Wunsch der Familie nach einer Beerdigung in Aleppo wurde somit unmöglich gemacht.
Dieses unmenschliche Vorgehen der polnischen Behörden ist nur ein Beispiel für eine Vielzahl von unaufgeklärten Menschenrechtsverletzungen gegen Geflüchtete in Polen. Durch die Interventionen und Kontakte von XENION und anderen Menschenrechtsorganisationen in Polen sowie durch Berichte von Geflüchteten, die über die belarussisch-polnische Grenze nach Berlin gekommen waren, sind massive und systematische Menschenrechtsverletzungen dokumentiert: unmenschliche Behandlung, Push-Backs, Folter und Todesfälle. Fast 300 Geflüchtete werden vermisst, über 40 Leichname wurden seit 2021 in der belarussischen Grenzregion zu Polen gefunden. Das Asylsystem wird in Polen immer weiter ausgehöhlt: Geflüchtete werden von der polnischen Grenzpolizei unmittelbar nach dem Übertreten der Grenze in speziellen Haftlagern inhaftiert und dürfen mittlerweile länger als 18 Monate dort festgehalten werden. Viele werden täglich nach Belarus zurückgeschoben, bevor ihr Asylantrag in Polen überhaupt registriert wurde. In Belarus erhalten sie keinerlei staatliche Unterstützung oder Zugang zu einem fairen Asylverfahren; die Einreise in die EU wird ihnen verwehrt. Damit werden sie gezwungen, in der gefährlichen Grenzregion bei Kälte, ohne Zugang zu Unterkünften, Lebensmitteln, Trinkwasser und medizinischer Hilfe auszuharren.
Maria Książak, Psychotherapeutin bei XENION: „Die lange Inhaftierung von nicht-ukrainischen Geflüchteten in Polen und die unmenschlichen Haftbedingungen missachten das europäische Asylrecht und die Menschenwürde. Den Menschen stehen nur 2 Quadratmeter zu, sie werden mit Nummern statt mit Namen angesprochen, es sind fast keine Besucher:innen erlaubt, keine externen Psycholog:innen und Ärzt:innen. Abgesehen von ukrainischen Geflüchteten wird Asylbewerber:innen in Polen das Recht auf menschenwürdige Behandlung, Schutz und Asyl für Geflüchtete verweigert. Selbst Menschen aus dem Iran, Syrien und Afghanistan erhalten Abschiebebescheide. Die Früherkennung von Schutzbedürftigkeit wird nicht mehr umgesetzt: Psychisch beeinträchtigte, chronisch kranke, behinderte Menschen und Kinder jeden Alters werden unter unmenschlichen Bedingungen festgehalten, beschimpft, ihnen wird der Zugang zu medizinischer Versorgung und Rehabilitation verweigert und sie werden in Isolationshaft gehalten. Das EU-Recht wird tagtäglich missachtet.“
Wir fordern daher:
- Eine sofortige Aussetzung aller Abschiebungen nach Polen im Rahmen der Dublin-Verordnung.
- Die vollständige Aufklärung des Todes von Mahmoud Al Banawi und der Ereignisse, die dazu geführt haben.
- Die politische Verurteilung aller Menschenrechtsverletzungen in den Auffanglagern und in der Grenzregion zu Belarus durch die Bundesregierung.
- Die Gewährleistung einer umfassenden psychosozialen Betreuung für alle traumatisierten Geflüchteten in Deutschland
Lesen Sie den Offenen Brief an Nancy Faeser hier: https://bit.ly/Offener_Brief_Faeser.
Weitere Informationen finden Sie im Tagesthemen-Beitrag vom 09.05.2023: https://bit.ly/Tagesthemen_XENION und in dem englischsprachigen Bericht “Deaths of refugees in Poland”: https://bit.ly/xenion-refugees-death-poland.
Pressekontakt:
Vanessa Höse
Tel: +49-(0)-177-6295142
E-mail: vanessa.hoese@xenion.org, presse@xenion.org
Wir arrangieren auf Wunsch Interviews oder Hintergrundgespräche.
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PRESS RELEASE by XENION – Psychosoziale Hilfen für politisch Verfolgte e.V., Berliner Flüchtlingsrat and Bundesweite Arbeitsgemeinschaft der psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer (BAfF)
Not a safe country for asylum seekers: Human rights violations resulting in death in refugee detention center in Poland
Berlin, 10.05.2023 – After the death of 28-year old Syrian asylum seeker Mahmoud Al Banawi (28) in a Guarded Centre for Foreigners run by the Polish Border Guard, human rights organizations demand in an open letter to Nancy Faeser that the German government immediately suspends all Dublin transfers to Poland and condemns human rights violations in Polish Border Guard detentions and in the border region with Belarus.
Staff from the Berlin-based psychosocial center XENION has researched the case of Mahmoud Al Banawi, who was reported missing since 17th of March 2023. At that time, Mahmoud Al Banawi was in the detention center in Przemyṡl, where asylum seekers are systematically detained. Fellow detainees reported that Al Banawi had not been admitted to the hospital for several days beforehand, despite severe abdominal pain and vomiting.When his condition was critical and ambulance was finally ordered on March 17th, his fellow inmates and his family heard nothing about his whereabouts ever since. After intense research, the awful truth came out, that on that very day, Mahmoud A. had died inside the detention center. When the family was informed more than 3 weeks after his death, the body had already been released for medical and scientific purposes by the border guard. The family’s wish for a burial in Aleppo was thus made impossible.
This inhumane procedure by Polish authorities is only one example of a multitude of unresolved human rights violations in Poland. Massive and systematic human rights violations have been documented via XENION’s and others’ interventions and contacts in Poland as well as through reports by refugees who came to Berlin across the Belarussian-Polish border: inhumane treatment, push-backs, torture and deaths. Almost 300 refugees are missing, more than 40 bodies have been found in the Belarusian border region with Poland since 2021. The asylum system in Poland is increasingly undermined: asylum seekers may now be detained for longer than 18 months. Many are deported back to Belarus on a daily basis, where they are denied entry to the EU before their asylum application has even been registered. They are forced to stay in the dangerous border region in the cold, without access to shelter, food, drinking water and medical assistance.
Maria Książak, psychotherapist at XENION: „The long detention of non-Ukrainian refugees in Poland and the inhumane conditions of detention disregard European asylum law and human dignity. The people are entitled to only 2 square meters, they are addressed with numbers instead of names, almost no visitors are allowed, no external psychologists and doctors. Apart from Ukrainian refugees, asylum seekers in Poland are denied the right to humane treatment, protection and asylum for refugees. Even people from Iran, Syria and Afghanistan receive deportation notices. Early identification of those in need of protection is no longer implemented: mentally impaired, chronically ill, disabled people and children of all ages are detained under inhumane conditions, insulted, denied access to medical care and rehabilitation, and held in isolation. EU law is disregarded on a daily basis.“
We therefore demand:
- An immediate suspension of all transfers of asylum seekers to Poland within the framework of the Dublin Regulation.
- The complete clarification of the death of Mahmoud Al Banawi and the events that led to it.
- The political condemnation by the federal government of all human rights violations in the detention camps and the border region of Belarus.
- The guarantee of comprehensive psychosocial care for all traumatized refugees.
Read the Open letter to Nancy Faeser here: https://bit.ly/Offener_Brief_Faeser.
For more information, see Tagesthemen of 09.05.2023: https://bit.ly/Tagesthemen_XENION and the English-language report „Deaths of refugees in Poland“: https://bit.ly/xenion-refugees-death-poland.
Press contact:
Vanessa Höse
Phone: +49-(0)-177-6295142
E-mail: vanessa.hoese@xenion.org, presse@xenion.org
We arrange interviews or background discussions on request.
