In einem gemeinsamen Statement von 55 Organisationen appellieren wir an die Bundesregierung, die geplante EU-Reform zur „Instrumentalisierungsverordnung“ zu verhindern, die eine weitere Verschärfung der Menschenrechtssituation für Geflüchtete an den EU-Außengrenzen mit sich zu bringen droht. Das komplette Statement findet sich hier.
Gerade erst haben die EU-Innenminister*innen über verschärfte Grenzverfahren (unter Anwendung einer „Fiktion der Nicht-Einreise“, die absehbar zu Haft oder haftähnlicher Unterbringung führen wird), auf eine Ausweitung des Konzepts der „sicheren Drittstaaten“ sowie auf einen unzuverlässigen Solidaritätsmechanismus und die weitgehende Beibehaltung des Dublin-Systems verhandelt. Doch der Tiefpunkt ist noch nicht erreicht: Es wird mit Hochdruck an einer weiteren massiven Verschärfung gearbeitet. Die schwedische EU-Präsidentschaft hatte noch auf den letzten Metern ihrer Präsidentschaft die „Verordnung für Ausnahmen im Falle von Krisen, Instrumentalisierung und höherer Gewalt“ (Stand 23. Juni 2023) auf den Weg gebracht, nun macht die spanische Präsidentschaft mit den Vorschlägen weiter. Es sollen unter anderem die Verzögerung von Registrierungen, die Verlängerung von Grenzverfahren – dann für so gut wie alle Gruppen von Geflüchteten – sowie massive Absenkungen bei den Unterbringungs- und Aufnahmestandards möglich werden. Der Verordnungsentwurf wird aktuell zwischen den EU-Staaten verhandelt.
Die Verordnung für den Fall von Krise, Instrumentalisierung und höherer Gewalt droht an den Außengrenzen den schon bestehenden Ausnahmezustand rechtlich zu zementieren. Das können und wollen wir nicht hinnehmen. Europäisches Recht muss wieder angewendet werden – die vorgelegte Verordnung verbiegt aber das Recht und ermöglicht es, das geltende Recht an den Außengrenzen zu brechen. Die unterzeichnenden Organisationen fordern die Bundesregierung eindringlich auf, dies nicht zuzulassen und in den Verhandlungen im Rat eine klare rote Linie zu ziehen.